Reinhard Stern
Vorsitzender des Finanz-und Grundstücksausschusses
der Landeshauptstadt Magdeburg
Rede zum Haushaltsplanentwurf 2021 auf der 25(VII)/20 Stadtratssitzung
am 07.12.2020
(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
sehr geehrte Gäste,
wie in jedem Jahr vor Weihnachten gibt es die Sitzung des Stadtrates zum Haushalt des kommenden Jahres. Dennoch ist dieses Jahr alles anders. Am Freitag, den 13.11.2020, haben wir in der Klausurberatung mit dem Oberbürgermeister, dem Bürgermeister und der Beigeordneten über den Entwurf für 2021 diskutiert.
Die Beigeordneten brachten wie immer ihr Budget ein und erläuterten auf Nachfrage einzelne Positionen.
Wir hatten 742 Mio. EURO ordentliche Erträge und 773 Mio. EURO ordentliche Aufwendungen – das ist ein Ergebnis von - 31 Mio. EURO Defizit. Die mittelfristige Planung bis 2024 weist ein Defizit von 120 Mio. Euro aus.
Das habe ich seit Jahren so nicht erlebt.
Die Steuereinnahmen sind in Millionenhöhe weggebrochen – Gewerbesteuer 23 Mio. EURO ohne Umlage, der Anteil an der Einkommenssteuer - 5,7 Mio. EURO Defizit; die Verschuldungsobergrenze von 510 Mio. EURO wird um 19 Mio. EURO überschritten.
Hilfen vom Bund und dem Land werden nicht reichen, um die Ausfälle und Mehraufwendungen zu finanzieren – kommt hier eventuell noch mehr auf uns zu?
Je länger der Lockdown dauert, je höher werden die Ausfälle.
Die Diskussion in der Klausur waren deshalb von Anfang an sehr verhalten, auch nach der Aufforderung von Herrn Zimmermann.
Eine etwas längere Diskussion gab es zum Personalbereich.
Unsere Personalkosten steigen mal wieder seit 2015 von 135 Mio. EURO auf 174 Mio. EURO. Natürlich sind darunter viele neue Aufgaben, die uns übertragen worden sind, aber auch abwendbare Personalstellen sind darunter. Digitalisierungsstellen sind unbedingt notwendig.
Wir hatten mal vor Jahren einen Arbeitskreis des Stadtrates (Initiatoren waren Dr. Letko SPD und Alfred Westphal B90/G) der die Pflichtaufgaben der Kommune untersucht hat. Leider ist dieser Arbeitskreis nicht weiter am Leben geblieben.
Es ist schon mal interessant, welche Aufgaben die Kommune in welchen Bereichen übernimmt, die nicht zu ihren originären Aufgaben gehören.
Dennoch hat unser Stellenplan 316 offene Stellen – die Besetzungsdauer bei neuen Stellen beträgt zurzeit 135 Tage. In den Jahren 2001 – 2010 war das Sparen auch beim Personal angesagt. Aber die Aufgabenlage muss analysiert werden.
Wir werden eine Haushaltskonsolidierung nach § 98 und § 100 des KVG – LSA bekommen.
Zum Nachtragshaushalt 2020 gab es die Auflage bereits. Ich habe die Situation 2001 – 2011, straffe Haushaltskonsolidierung mit fast 200 Einzeleinsparungen, damals mitgemacht.
Ich befürchte, es wird wiederkommen!
Die Unterstützung von Bund und Land, die der Bürgermeister angesprochen hat, wird wohl nicht ausreichen, weil Bund und Land selber Probleme mit ihren Haushalten bekommen.
Der Haushalt des Dezernat V erreicht mit rund 349,9 Mio. EURO wieder fast 50% zum Gesamthaushalt. Er ist damit das größte Budget. Frau Borris hat sehr ausführlich die Gesamtaufwendungen geschildert und auf Finanzierungsprobleme aufmerksam gemacht.
Hier trifft das zu, was mit neuen Aufgaben im sozialen Bereich oben gesagt wurde und worauf ständig neu reagiert werden muss.
Der Bürgermeister hat die Problematik Unterhaltsvorschuss schon angesprochen. Ich möchte deshalb nichts wiederholen.
Für die Budgets der Dezernate III und VI gilt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Wirtschaft, speziell die Bauwirtschaft, weiterlaufen kann.
Frau Stieger hat dazu neue Ansätze im Wirtschaftsdezernat angedeutet. Förderung der Bestandsunternehmen und Ansiedlung neuer Unternehmen.
Herr Dr. Scheidemann erläuterte insbesondere den Investhaushalt von 207 Mio. EURO – davon sind 164 Mio. EURO Eigenanteil - (Schulen, Kitas, Kultur, Straßen, Gewerbe, Sport, Feuerwehr). Uns fehlen aber teilweise Arbeitskräfte, um das Programm zu erfüllen.
Allerdings wird durch die EZB-Politik die Flucht der Investoren in den Beton gefördert, die Preise der Bauprojekte sind daher kaum noch kalkulierbar, die Preise steigen nur noch in eine Richtung – nach oben!
Wichtig ist bei diesem Haushalt, in dieser Situation, dass wir neben unseren wichtigen sozialen Verpflichtungen und den Investitions- und Wirtschaftsaufgaben den Kultur-, Schul- und Sportbereich niemals zweitrangig behandeln, sondern uns die Wichtigkeit bewusst bleibt.
Wir warten deshalb als Ausschuss gespannt auf die Drucksache zur Kulturstrategie bis 2030, nach dem Ausscheiden als Kulturhauptstadt 2025 und wie der Änderungsantrag zum Haushalt 2021 „Plan B“ der Kulturhautstadtbewerbung von 75 T EURO beschlossen wird.
Im Schul- und Sportbereich dürfen im Haushalt keine verminderten Ansätze vorgenommen werden. Hier geht es um ca. 15 % des Haushaltes. Die 117 Mio. EURO sind deshalb gut angelegtes Geld. In der Diskussion spielten die Sportstätten, die Schulbauten und die Kulturszene eine Rolle. Das spiegelt die wichtige Äußerung von Frau Stieler-Hinz wieder: Kultur und Bildung rechnen sich nie, aber lohnen sich immer!
Eine hitzige Diskussion gab es natürlich zum Schülerticket. Auf der einen Seite die Befürworter mit der politischen Forderung nach einem kostenlosen Schülerticket, auf der anderen Seite betonte Herr Dr. Trümper nochmals die finanzielle Situation der Landeshauptstadt, ob sie bei dieser Ausgangssituation die millionenschwere Leistung übernehmen kann.
Ja, es ist unsere Aufgabe, zukünftige Generationen nicht zu sehr zu belasten, sondern auch für unsere Nachfolger Spielräume zu belassen. Wir hatten in unserer Finanzklausurtagung 33 Änderungsanträge vorliegen mit einem Kostenvolumen von 4,7 Mio. EURO.
Nach der Abstimmung waren es noch 0,9 Mio. EURO – eine Senkung von 3,77 Mio. EURO. Eigentlich gute Ausschussarbeit. Deckungsvorschläge hatten nur 20 % der Vorschläge. Nach der Stadtratssitzung am Donnerstag muss ich sagen, ist das schon wieder aufgebraucht.
Neue Millionenprojekte ohne Kostendeckung, ich glaube, bei vielen Stadträten und auch bei Rätinnen ist die Dramatik der Haushaltssituation noch gar nicht angekommen.
Es kann aber auch sein, dass die Programme in der Politik - 750 Milliarden EURO Unterstützung der EU - Billionenverschuldung des Bundes - mittlerweile auch sorglos macht für unseren Haushalt.
Geld wird schon irgendwie gedruckt werden.
Es ist immer noch Geld der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, mit dem wir sparsam umzugehen haben.
Bedenken Sie deshalb bei ihren Abstimmungen zu den Änderungsanträgen, dass das nicht ihr Geld ist, sondern es ist uns nur zur Aufbewahrung gegeben ist.
Der Finanz- und Grundstücksausschuss erteilte der Drucksache DS0421/20 – Haushaltsplan 2021 – Haushaltssatzung 2021 – Einzelplan bis 2024 – Stellenplan 2021 – inklusive Änderungsliste sowie aller Änderungsanträge ein mehrheitliches Votum von 4:2:3.
In der schwierigen Situation brauchen wir für die Mitarbeiter, die Wirtschaft, die Unternehmen, die Kultur, die freien Träger etc. ein Zeichen, dass die Stadt verlässlich ist und die notwendigen Mittel bereitstehen, damit es in 2021 und darüber hinaus trotz Corona weitergeht. Ständiges Sparen, das bringt nichts – nicht vergeuden, das bringt’s!
Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzbereiches danke ich im Namen der Mitglieder des Finanz- und Grundstückausschusses und ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für die konstruktiven Diskussionen am Freitag dem 13.
Ich danke Ihnen!